Mittwoch, 21. September 2016

Ein gewöhnlicher Schultag in Irland

Um sieben Uhr fünfzehn stehe ich hier auf. Bisher habe ich noch nie meinen Wecker dazu gebraucht, weil ich es einfach gewohnt bin über eine Stunde früher aufzustehen. Nachdem ich meine Schuluniform angezogen habe, gehe ich in die Küche und esse ein Müsli. Um acht Uhr kommt der Schulbus und hält direkt vor unserer Haustür. Meine Gastschwester und ich sitzen jeweils halb schlafend nebeneinander und warten bis die halbstündige Fahrt zu Ende ist, während der Bus sich immer mehr füllt. Um  halb neun erreichen wir unsere Schule die St. Aidens Comprehensive School.
Nun haben wir eine halbe Stunde Zeit, um zu unserem Schliessfach zu gehen und unsere Freunde zu begrüssen. Die Schliessfächer hier sind der Horror. Sie sind winzig, es hat immer vier übereinander und das Schlimmste ist, dass immer alle Schüler ihre Schultaschen davor deponieren. Natürlich habe ich das Glück genau eines der untersten Schliessfächer zu haben, wo sich die Taschen nur so häufen. Wenigstens ist mein Schliessfach ganz, denn mindestens die Hälfte aller Schliessfächer war kaputt, als wir sie erhalten haben.
Um neun Uhr müssen wir dann alle in das Klassenzimmer unserer Tutorclass gehen. Dort sind wir jeden Tag für zehn Minuten und unser Tutor prüft unsere Anwesenheit. Unser Tutor ist super, er ist ein Sportlehrer und nimmt alles sehr locker.
Nach diesen ersten zehn Minuten geht es dann wirklich los. Wir haben drei Lektionen aneinander bis zur ersten Pause, welche fünfzehn Minuten dauert. Danach haben wir nochmals drei Lektionen bis zum Lunch. Nach dem Luch erwarten uns wiederum drei Lektionen und dann haben wir frei.
Unsere Fächer konnten wir alle selber wählen. Ich habe mich für Geographie, Französisch, Business (so etwas wie Wirtschaft) und Biologie entschieden. Englisch und Mathe hat sowieso jeder, es gibt aber in beiden einen höheren und einen normalen Level. Die meisten von diesen Fächern habe ich täglich. Dann gibt es noch einige weitere Pflichtfächer, welche wir nur einmal pro Woche haben wie zum Beispiel Sport. Auch Guidance zählt dazu, ein Fach das ich bisher sehr spannend finde. Es ist dafür da, uns zu zeigen, was wir einmal werden wollen und wir machen Persönlichkeitstests und solche Sachen. Dann haben wir ein Fach, in welchem wir uns darauf vorbereiten, einmal eine Woche lang arbeiten zu gehen.
Die einheimischen Schüler müssen jeden Tag eine Stunde in den Irischunterricht, wir Austauschschüler dürfen dann einfach in der hintersten Reihe sitzen und Hausaufgaben machen.  

Bisher fühle ich mich vom Stoff her eher ein wenig unterfordert. In Mathe bin ich im höheren Level und ich langweilige mich während der Stunde! Das ist beinahe unmöglich!
Französisch ist ebenfalls tragisch. Wenn die Lehrerin Französisch spricht, dann hört sich das an als würde sie Englisch sprechen. Sie nimmt einfach die französischen Worte und spricht sie genauso aus wie sie sie aussprechen würde, wenn sie auf Englisch wären. Und sie übersetzt immer alles, was sie auf Französisch sagt, auch wenn sie nur so etwas wie „Öffnet eure Hefter“ sagt. In Biologie haben wir nochmals von ganz vorne begonnen, das heisst wir besprechen, was ein Lebewesen ausmacht und das haben wir bereits vor vier Jahren besprochen. Das einzige Fach, welches ich schon etwas schwieriger finde, ist Englisch. Auch hier bin ich in den höchsten Level eingeteilt worden, warum auch immer, aber es gefällt mir sehr gut. Es ist eines meiner Lieblingsfächer, der Lehrer ist einfach perfekt. Aber wir lesen ziemlich schwierige Texte und ich verstehe manchmal gerade mal jedes zweite Wort und dann muss ich einen halben Aufsatz über diesen Text schreiben. Trotzdem liebe ich es, und ich denke ich kann sehr viel lernen in diesem Fach.
Der Unterricht verläuft auch ein wenig anders als bei mir zu Hause. Die Lehrer sprechen meist die vollen vierzig Minuten durch und lassen uns einige Dinge mitschreiben.  Es gibt einfach viel mehr Frontalunterricht als bei uns. Auch in Mathe steht der Lehrer die ganze Lektion vor der Klasse und löst Aufgaben vor. Das finde ich besser als ich gedacht hätte, denn so kann ich immer mitschreiben und weiss wie jede Aufgabe genau zu lösen ist (bei 99% der Aufgaben weiss ich das sowieso, aber ich meine für den Fall, dass wir doch einmal etwas machen, das ich nicht schon vor einem Jahr gehabt habe).

Jetzt muss ich aber doch noch von den eher speziellen Dingen an meiner Schule erzählen. Alle mussten sich die Agenda, welche von der Schule zur Verfügung gestellt wird kaufen. Die ersten fünfzig Seiten bestehen nur aus Regeln. Man darf nur ein Paar Ohrringe tragen. Man darf nur Stecker als Ohrringe haben, nicht die, die so runterhängen. Man darf nur wenig Makeup tragen (Ich frage mich ernsthaft, was hier als viel Makeup angesehen wird! Die einen Mädchen tragen eine zentimeterdicke Schicht Makeup und niemand sagt etwas. Nicht, dass mich das Makeup stören würde, ich wundere mich einfach.) In Sport müssen wir eine spezielle Sportuniform tragen. In den Gängen müssen wir immer auf der linken Seite gehen(,was auch niemand beachtet). In der Kantine ist es nur den Sechtsklässern erlaubt sich zu setzen, wir müssen unseren Lunch im Stehen „geniessen“.
Jedenfalls müssen wir diese Agenda jeden Tag mitbringen und unsere Eltern und unser Tutor müssen jede Woche darin unterschreiben.
Auf der zweiten Seite der Agenda steht das Schulgebet. Meine Gastschwester und ich hatten bereits Angst, dass wir das auswendig aufsagen müssen, aber bisher hat noch niemand ein Wort darüber verloren. Dafür haben wir uns einmal in der Turnhalle versammelt und irgendein Lehrer hat zusammen mit uns einige Gebete aufgesagt, welche sehr lieb gemeint waren und uns auf unserem Weg durch dieses Schuljahr helfen sollen. Vorher hat die Schuldirektorin eine kurze Rede gehalten, welche ich ehrlich gesagt einfach super gefunden habe. Sie hat alle dazu aufgefordert füreinander da zu sein und alle zu respektieren.

Jedenfalls weiter im Text mit den komischen Dingen: Wenn man hier etwas zum Lunch in der Kantine haben will, muss man das in der Pause am Morgen bestellen.
Die Schule hat nur fünfhundert Schüler ( beinahe tausend weniger als meine Schule in der Schweiz), aber es fühlt sich an, als wären es doppelt so viele. Die Gänge sind sehr eng und immer so vollgestopft, dass man sich wortwörtlich mit den Ellbogen durch die Menge kämpfen muss.
Dafür sind die Toiletten riesig! Die Schüler können sich dort in Ruhe zurückziehen und die verbotenen Handys hervorholen, um sich tausende Nachrichten auf Snapchat zu schicken.
Ja, die Schule ist schon ein wenig anders als zu Hause, aber ich beginne sie langsam richtig zu mögen. Ich habe schon ziemlich viele Leute getroffen und neue Freunde gefunden. Es gäbe noch so vieles zu erzählen, aber ich denke dieser Eintrag ist nun bereits genug lang.
Darum beende ich nun meine Erzählungen für heute und fahre vielleicht an einem anderen Tag fort.





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